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AutorenbildAndrea Welisch

Stylisch und inklusiv? Ja klar! - Mode für Menschen mit Behinderungen

Aktualisiert: 19. Okt. 2022



Es gibt Dinge, über die sich viele Menschen kaum bis nie Gedanken machen. Natürlich kennt jeder das Gefühl, dass ein Kleidungsstück von der Stange nicht so richtig passen will. Oder es erst gar nichts in der richtigen Größe gibt, was a) auch passt und b) nicht fürchterlich aussieht. Doch dass nicht passende und für ihre Bedürfnisse falsch geschnittene Kleidung ein wirkliches Problem für viele Menschen ist, wissen die Wenigsten, so lange sie nicht selbst betroffen sind. Aber jeder Mensch hat doch das Recht, auf seine oder ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote finden zu können. Das gilt für Mode, Gegenstände des täglichen Bedarfs, Bildung, Informationen, Technik, Webseiten und vieles mehr. Körper sind nun mal verschieden. Die einen mehr, die anderen weniger. Und das ist auch gut so! Denn wie schlimm und langweilig wäre es, wenn wir alle gleich wären. Oder das gleiche anziehen müssten. Ansprüche an Kleidung sind auch verschieden. Sowohl in funktioneller Hinsicht als auch von der Anmutung. Sportkleidung muss rein funktional andere Kriterien erfüllen, als Berufskleidung, z.B. im medizinischen Bereich. Business formal hat andere "Gesetze" als Business casual. Was nun aber, wenn es einfach keine wirklich passende Kleidung gibt? Oder die, die es gibt sieht einfach "doof" aus. Menschen mit Übergrößen können davon ein Lied singen! Aber deren Problematik ist wirklich nur die Spitze des modischen Eisbergs, der nach wie vor mit genormten und unrealistischen Größen und Schnitten für mehr Leid als Freude in Umkleidekabinen auf der ganzen Welt sorgt. Einige Beispiele aus dem Inklusionsalltag:

Kleinwüchsige Menschen sind vielfach darauf angewiesen, in Kinderabteilungen einzukaufen und dort möglichst wenig kindlich anmutende Kleidung zu finden. Oder sie müssen Normgrößen aufwändig abändern lassen. Und wer kann sich schon einen Kleiderschrank voll individuell maßgeschneiderter Kleidung leisten? Weltweit gibt es derzeit tatsächlich nur ein einziges (deutsches!) Modelabel, dass sich der Thematik erwachsener, funktionaler und schicker Mode für Kleinwüchsige Menschen widmet. Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, machen oft die Erfahrung, dass konventionell geschnittene Kleidungsstücke unbequem oder für das Sitzen im Rollstuhl schlicht ungeeignet sind. Eine Naht an falscher Stelle kann sehr schmerzhaft sein. Auch das An- und Ausziehen ist oft schwerer als notwendig und schränkt so die Autonomie der Betroffenen unnötig ein. Clevere Lösungen, wie zum Beispiel Magnetverschlüsse statt Knöpfen oder Reißverschlüssen können den Tragenden viel Freiheit und Selbstbestimmtheit geben. Hier tut sich tatsächlich etwas auf dem Markt und eine Anzahl von Unternehmen widmet sich inzwischen exklusiv der sogenannten adaptiven Mode. Besonders modische und funktionelle Mode für den beruflich professionellen Kontext war etwas, das Menschen im Rollstuhl lange vermisst haben. Ein noch wenig bekannter Markt von inklusiver Mode sind spezielle Kleidungsstücke für Menschen auf dem Autismus-Spektrum. Relevantes Symptom bei Menschen auf dem Spektrum, das aber beispielsweise auch bei Menschen mit ADHS verbreitet ist, ist sensorische Überstimulation: Zu enganliegende Kleidung kann ein NoGo sein, weil die Reize zu stark sind und Ablenkung unmöglich ist. Manchmal ist auch zu wenig eng anliegende Kleidung das Problem, das kann individuell ganz verschieden sein. Auch der Drang an Kleidung zu ziehen, kratzen oder zu reißen verlangt einem Kleidungsstück eine gewisse Robustheit ab. Andauernden Drehen an Knöpfen oder ein ständiges Auf und Zu von Reißverschlüssen muss ein Kleidungsstück erstmal abkönnen. Solche Handlungen stellen eine Form des Stimmings oder Fidgetings dar, welches bei Menschen auf dem Spektrum weit verbreitet ist und u.A. der Stressregulation dient. Weiterhin können auch bestimmte Texturen, Nähte und schlicht und ergreifend Labels in Kleidungsstücken zu unüberwindlichen Hindernissen für das Tragen eines Kleidungsstücks werden.

Es tut sich was! In letzter Zeit gibt es immer mehr Modelabels, die für und vor Allem mit Menschen mit Beeinträchtigungen wirklich schicke und funktionale Mode designen und vermarkten. Besondere Bedeutung hat hier natürlich - wie in allen Dingen der Inklusion - dass die Betroffenen (und letztendlichen Nutznießer) in den Entstehungsprozess mit einbezogen werden. Denn wer weiß besser, was gebraucht wird und was besser werden muss, als diejenigen für die das Produkt bestimmt ist. Das ist wie das Prinzip der Prüfgruppen in Sachen Leichte und Einfache Sprache. Denn wer kann besser beurteilen, ob ein Text für die Zielgruppe verständlich ist, als Menschen aus der Zielgruppe. Der weltweite Trend zu inklusiver Mode ist also mehr als begrüßenswert und ein gutes Beispiel, wie es in Zukunft in allen Bereichen inklusiv und barrierefrei sein könnte und sollte: Man denke nur: Informationen, Sport, Internet, Möbel und Mobilität FÜR ALLE. Nicht für alle gleich, aber für alle individuell passend! Links und Inspiration zum Stöbern Mode für Kleinwüchsige Menschen AUF AUGENHOEHE – Mode für kleinwüchsige Menschen – AUF AUGENHOEHE – Sema Gedik Adaptive Mode (Mode, die das Bedürfnis von Rollstuhlbenutzern in den Fokus stellt): Mode ohne Barrieren | MOB (mob-industries.com) Mode für Rollstuhlfahrer | Rolling Pants | Designed by life (rolling-pants.com) Herzlich Willkommen bei Rolli-Moden! | Rollimoden Versandhandel GmbH ROLLITEX - Berlin | Adaptivmode der besonderen Art Rollstuhlmode | praktisch adaptiv | Renato Rollstuhlbekleidung Adaptive Mode About — The Adaptive Clothing Collective (Englisch)


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